Costa Rica hat so viel an Naturschönheiten zu bieten. Da fällt es schwer, ausflugstechnisch Prioritäten zu setzen. Hinzukommend ist gerade Hochsaison und viel los. Da ich nicht an einem überfüllten Strand sitzen möchte, habe ich mich für einen abgelegenen kleinen Ort ganz im Südwesten des Landes entschieden. Die Anreise dorthin ist nicht ohne. Aber ich bin ja schon einiges gewöhnt und lasse mich von dem umständlichen Anfahrtsweg nicht abschrecken. Und werde für meine Mühen belohnt!
Costa Rica ist ein Land der Early Birds: Mein Flug mit SANSA geht schon um 5.30 Uhr, das heißt, 4.30 Uhr stehe ich in der Miniabfertigungshalle und muss mich – nachdem eine Touristengruppe viel Zeit am Schalter verbracht hat, weil sich immer wieder neue Leute dazugesellt haben – zusammen mit meinem Handgepäck auf die Waage stellen. Das ist zwar etwas ungewöhnlich, aber so schlecht finde ich das nun auch wieder nicht. So fällt wenigstens nicht auf, dass mein Handgepäck mehr als die erlaubten 4,5 Kilo wiegt.
Als ich dann das Mini-Flugzeug sehe, wird mir klar, warum die Passagiere und das komplette Gepäck gewogen werden müssen: In die Cessna Caravan passen bestimmt nicht mehr als 20 Passagiere ′rein. Der Co-Pilot begrüßt uns gleich mit Vornamen, alles ist sehr familiär. Auch die Aussicht lässt nichts zu wünschen übrig. Allerdings fliegen wir immer knapp über den Berggipfeln, was mir dann doch etwas unheimlich vorkommt.
6.30 Uhr landen wir wohlbehalten in Golfito auf einer Piste, die aussieht wie eine Landstraße. Die Passagiere, die mit der Maschine nach San José zurückfliegen wollen, warten direkt neben der Landebahn am Zaun. Unser Gepäck wird aus dem Flugzeug ausgeladen und wir können es gleich mitnehmen. Einen Terminal scheint es gar nicht zu geben. Nun muss ich nur noch über fünf Stunden totschlagen, denn mein öffentliches Wassertaxi geht erst 12 Uhr. Ein privates würde 60 Dollar kosten, das ist mir dann doch etwas zu viel.
Als erstes mache ich eine kleine Rundfahrt mit dem Linienbus und lasse mich dann an der Bootsanlegestelle absetzen. In der Touristeninformation höre ich, dass das Wassertaxi manchmal gar nicht fährt – nämlich, wenn sich nicht genug Passagiere finden. In dem nahegelegenen Open Air Bistro frage ich mich bis zum Captain durch, der mir zum Glück bestätigt, dass er fahren wird. Die restlichen vier Stunden verbringe ich mit Lesen, Essen und Kaffeetrinken. Die Überfahrt nach Playa Zancudo findet dann in einem ziemlich kleinen Boot statt – mit nur zwei Passagieren (inklusive mir). Der Captain rast wie ein Henker und die Wasservögel machen, dass sie fortkommen.
„Sol y Mar“ in Playa Zancudo
Aber erst nach einem Drei-Kilometer-Marsch ab Anlegestelle in der schwülheißen Hitze habe ich es endlich geschafft: Das „Sol y Mar“ in Playa Zancudo ist zwar gefühlt das letzte Anwesen im Ort. Aber es sieht alles sehr einladend aus. Ich werden freundlich von den Eigentümern Rick und Lori, einem US-amerikanisch/ kanadischen Ehepaar, begrüßt und setze mich als erstes ′mal an die Bar. Jetzt habe ich mir ein kühles Bierchen verdient!
Meine „Cabina“ ist einfach, aber sehr geräumig und mit allem ausgestattet, was der Tourist braucht (zum Beispiel WLAN). Ein palmenbestandener Garten trennt die Hütten vom Strand. Ich verbringe – neben langen Strandspaziergängen – viel Zeit in der Hängematte, allerdings oft mit dem Blick nach oben. Denn ab und zu donnert eine Kokosnuss an mir vorbei …
Natürlich möche ich auch schwimmen gehen, aber die Wellen direkt vorm Haus sind mir etwas zu hoch. Weiter rechts am Strand finde ich, wie ich glaube, ideale Bedingungen vor: Das Wasser sieht aus wie in einem Swimming Pool. Ich gehe hinein und im Nu werde ich sehr weit Richtung Flussmündung abgetrieben. Mit Mühe und Not schaffe ich es aus dem Wasser. Als ich das Rick erzähle, meint er: „Oh man, there are the crocodiles!“ Dass ich mit Krokodilen schwimme, ist dann schnell ′rum im „Sol y Mar“. Die Deutschen sind halt ein bisschen verrückt …
Ansonsten ist alles superentspannt – „Pura Vida“ eben, wie die Ticos sagen. Am Neujahrstag gehe ich schon früh um acht zum Yoga, am Nachmittag mache ich einen Bootsausflug auf besagtem Fluss, zusammen mit ein paar Birdwatchern. Es ist erstaunlich, was man alles so sieht, wenn man darauf hingewiesen wird: Dunkle Punkte hoch oben in den Bäumen können beispielsweise Faultiere, Affen oder Leguane sein.
Und das ohrenbetäubende Gebrüll, was ich bisher überhaupt nicht deuten konnte, weil es ja bekanntlicherweise keine Löwen in Costa Rica gibt, stammt von Brüllaffen … Wir sehen auch eine Menge Papageien, die gegen Abend einfliegen, sowie Pelikane und ein Kapuzineräffchen, das sich von Baum zu Baum schwingt. Krokodile haben wir übrigens nicht gesichtet. Aber Rick weist mich gleich darauf hin: „You already swam with crocodiles!“ Wo er recht hat, hat er recht!
Und sollte ich mal wieder in der Gegend sein, werde ich bestimmt bei Rick und Lori vorbeischauen – wenn sie bis dahin nicht schon ihre Cabinas verkauft haben.