Rio de Janeiro ist unbestritten der Superstar unter den brasilianischen Städten. Aber auch Salvador mit dem Altstadtviertel Pelourinho sowie die Barockstädte Ouro Preto und Olinda geizen nicht mit ihren Reizen.
Rio de Janeiro – Brasiliens Nummer eins unter den Traumstädten
Rio ist das absolute Highlight jeder Südamerika-Reise. Schon der Landeanflug auf die brasilianische Metropole lässt erahnen, dass es sich hier um keine gewöhnliche Stadt handelt. Im Hinterland begrenzt von hohen Granitbergen („morros“ genannt), erstreckt sie sich bis zu den golden in der Sonne schimmernden Sandstränden an der Bucht von Guanabara und dem Atlantik. Auch die weltbekannten Wahrzeichen Rios – der Zuckerhut und der Corcovado mit der Christus-Statue – zeigen sich dem Ankömmling bei gutem Wetter von ihrer schönsten Seite.
Kaiserliche Vergangenheit
Am 1. Januar 1502 entdeckte der portugiesische Seefahrer Gaspar de Lemos die riesige Guanabara-Bucht, die er mit einer Flussmündung verwechselte. Er gab ihr den Namen „Rio de Janeiro“ (portugiesisch für „Fluss des Januar“). 1680 wurde Rio Hauptstadt der südlichen Regionen Brasiliens. Ab Anfang des 18. Jahrhunderts entwickelte sich der Ort zu einer wohlhabenden Hafenstadt, nachdem man in der Nachbarregion Minas Gerais auf Gold gestoßen war.
Noch wichtiger wurde Rio, als die City 1763 zur Hauptstadt des Vizekönigreiches Brasiliens ernannt wurde und schließlich sogar königlichen Besuch aus Portugal bekam: 1808 flüchtete der portugiesische Hof nach Napoleons Angriff auf Portugal nach Rio und blieb 14 Jahre. Nach Rückkehr des Hofes nach Portugal 1822 wurde Brasilien unabhängiges Kaiserreich, 1889 Republik. Rio blieb weiterhin Hauptstadt, bis es 1960 Brasilia den Rang abtreten musste.
Privilegierte Lage
Was den Besucher am meisten beeindruckt, ist Rios einmalige Lage. Die tollste Aussicht auf die City hat man vom Gipfel des „Pão de Açúcar“ (Zuckerhut) aus, dem legendären 396 Meter hohen Quartz-Granit-Felsen. Am besten fährt man am frühen Morgen oder nach einem Regenguss nach oben. Dann ist die Luft am klarsten und die Sicht am besten. Schon von der vollverglasten Seilbahn aus lässt sich erahnen, was einen an der Spitze erwartet: ein fantastischer Blick auf die Guanabara-Bucht mit ihren vielen weißen Yachten, glitzernden Strände und die zum Teil begrünten Hügel. Weniger idyllisch ging es am Zuckerhut 1979 zu, als sich während einer Seilbahnfahrt dramatische Szenen abspielten: Im Bond-Film „Moonraker“ kämpfte Roger Moore alias 007 in schwindelerregender Höhe gegen Bösewicht Jaws (Richard Kiel).
Noch höher hinauf geht’s beim Ausflug auf den Corcovado (portugiesisch für „bucklig“) im tropischen Tijuca-Nationalpark: Mit offenen Armen empfängt den Besucher in 710 Meter Höhe die Statue „Cristo Redentor“ (Christus der Erlöser). Auch von hier aus bietet sich ein grandioser Blick über Rio und die Guanabara-Bucht. Den brasilianischen Musiker Antônio Jobim hat der Corcovado so fasziniert, dass er ihm ein Lied widmete, das inzwischen auch zum Jazzstandard geworden ist.
Weltbekannte Strände
Bei keiner Stadtrundfahrt darf – neben den weltbekannten Stadtstränden Copacabana und Ipanema – das „Estádio de Maracanã“ fehlen, wo Pelé 1969 sein 1000. Tor schoss. Bei seiner Eröffnung 1950 bot es Platz für 200 000 Zuschauer und war damit das größte Fußballstadion der Welt. Nach mehreren Modernisierungen hat sich sein Fassungsvermögen um die Hälfte verringert, aber der Popularität keinen Abbruch getan. Vor dem Stadion lässt sogar Hollywood grüßen: Fußabdrücke von Elite-Fußballern wie Pelé und Beckenbauer schmücken das Pflaster.
Der Platz „Praça XV de Novembro“ nahe der Guanabara-Bucht ist mit seinen kolonialen Bauten und Straßen das historische Zentrum Rios. Er entstand in der Zeit des Goldrauschs in Minas Gerais im 18. Jahrhundert. Der elegante 1743 errichtete Palast „Paço Imperial“ war die erste Residenz des portugiesischen König João VI. und seines Hofstaates nach der Flucht aus Portugal. 1888 wurde hier die Lei Áurea („Goldenes Gesetz“) unterzeichnet, das die Sklaverei in Brasilien abschaffte. Heute dient der „Paço Imperial“ als Kulturzentrum.
Auch die moderne Kathedrale „Catedral Metropolitana“, die von außen aussieht wie ein Vulkan aus Beton, gehört zu jeder Stadtrundfahrt. Im Innern beeindrucken ihre Bleiglasfenster und die jahrhundertealten Artefakte des portugiesischen Königshauses. Von der Kathedrale aus kann man in eine kleine Straßenbahn steigen, die durch steile Kopfsteinpflasterstraßen zum Künstlerviertel „Santa Teresa“ fährt.
Kulturstadt Rio
In Sachen Kultur hat Rio ebenfalls viel zu bieten. So widmet sich das größte Museum der Stadt, das „Museu Histórico Nacional“, der Geschichte des Landes von der präkolumbischen Zeit bis 1889. Das „Museu Chácara do Céu“ beherbergt Werke Pablo Picassos und anderer moderner Meister. Im 100 Jahre alten Stadttheater „Teatro Municipal“, dem beeindruckendsten Gebäude am „Praça Floriano“, sind die Oper und das Orchester von Rio beheimatet. Was das Nachtleben anbelangt, findet jeder einen Ort, um sich zu amüsieren. Besonders beliebt ist das trendige Ausgehviertel Lapa mit guter brasilianischer Live-Musik, vielen Bars und Botecos (Eckkneipen). Hier relaxen die Cariocas (Einwohner von Rio) gern nach der Arbeit beim Happy-Hour-Drink.
Karneval in Rio
Last but not least: der weltbekannte Karneval von Rio, der offiziell am Freitag vor Aschermittwoch startet. Auf den farbenfrohen Paraden der Sambaschulen stellen u.a. Königinnen, Könige und Prinzessinnen ihre fantasievollen, spektakulären Kostüme zur Schau – je nach Thema der Sambaschule. Beim Karneval zeigt sich wieder einmal, dass die Cariocas gern feiern und ihr Leben genießen, egal, aus welcher Gesellschaftsschicht sie stammen.
Salvador – Stadt mit viel Geschichte im Nordosten
Das 1549 gegründete Salvador im Nordosten Brasiliens durfte sich – ebenso wie Rio – auch schon „Hauptstadt Brasiliens“ nennen, allerdings nur bis 1763. Weniger rühmlich war die Platzierung der Hafenstadt unter den bevölkerungsreichsten Metropolen auf der Südhalbkugel: Bis 1650 belegte Salvador hier den Spitzenplatz, aber nur deshalb, weil das Gros der Bevölkerung aus afrikanischen Sklaven bestand, die auf den umliegenden Zuckerrohrplantagen arbeiten mussten. Auf dem zentralen Sklavenmarkt in Salvador wurden sie verkauft und am Pranger (portugiesisch: Pelourinho) öffentlich ausgepeitscht.
Bilderbuch-Altstadt Pelourinho
Heute ist die inzwischen restaurierte Altstadt Pelourinho mit ihren pastellfarbenen Häusern kein Ort des Schreckens mehr, sondern ein beliebtes Touristenziel. Hier kann man stundenlang durch pittoreske Gassen schlendern, in kleinen Läden nach Souvenirs oder echten Kunstwerken Ausschau halten, einen „Cafezinho“ (Espresso) trinken, Kids beim Capoeira beobachten und fotografieren, bis die Akkus leer sind. So gehört der 1549 angelegte „Terreiro de Jesus“ zu den hübschesten Plätzen von Pelourinho, in der Kirche „Igreja e Convento de São Francisco“ gibt es einen 80 Kilogramm schweren Silberlüster zu bewundern, und die „Igreja da Ordem Terceira de São Francisco“ mit ihrer schönen Sandsteinfassade ist ebenfalls sehr fotogen.
Auf keinen Fall sollte man es versäumen, einen Blick in die Kirche „Igreja Nossa Senhora do Rosário dos Pretos“ zu werfen, die im 18. Jahrhundert von Sklaven erbaut wurde. Im Museum „Museu Afro-Brasileiro“, das – wie ganz Salvador – die afrobrasilianischen Traditionen pflegt, beeindrucken vor allem die geschnitzten Candomblé-Götter des Künstlers Carybé.
Jorge Amado lässt grüßen
Für alle, die sich nach dem Spaziergang ausruhen wollen, bietet sich das charmante Café in der „Fundação Casa de Jorge Amado“ an: Es ist dem berühmten brasilianischen Schriftsteller Jorge Amado gewidmet; die Bucheinbände seiner weltbekannten Romane zieren die Wände des Cafés. Wer Lust und Zeit hat, kann von Pelourinho aus, das auf einem hohen Fels liegt, noch mehr von der Stadt erkunden. Entweder man nimmt den Linienbus oder ein Taxi Richtung Uferpromenade, wo man z.B. den Leuchtturm von Barra und historische Festungen besichtigen kann oder fährt mit dem „Elevador Lacerda“, einem über 100 Jahre alten Schnellaufzug, von der Ober- in die Unterstadt. Dort lädt der Markt „Mercado modelo“ zum Stöbern und Shoppen ein.
Am besten bleibt man gleich bis zum Abend in Pelourinho, denn jetzt erwacht die Stadt erst richtig zum Leben: Überall spielen Live-Bands, geben Trommler eine Kostprobe aus ihrem Repertoire, bieten Einheimische an Ständen bahianische Gerichte an, z.B. Acarajé, in heißem Palmöl frittierte Bällchen aus Bohnenmus und Krabben.
Fast eine Woche lang Karneval
Das absolute Highlight des Jahres ist der Karneval, der sechs Tage und sechs Nächte dauert. Wochenlang vorher werden schon die Tribünen für den größten Straßenkarneval der Welt aufgebaut und schließlich 19 Kilometer Straße für den Hauptzug entlang der Uferpromenade und durchs Zentrum abgesperrt. Riesige Laster mit Lautsprecherboxen und einer Bühne für die jeweilige Musikgruppe fahren im Schneckentempo durch die Straßen, gefolgt von tanzenden und singenden Fans. An dem Karnevalstreiben beteiligt sich die Crème de la Crème der Musikszene Salvadors wie die Gruppe Olodum und Daniela Mercury.
Ouro Preto – das „Schwarze Gold“
Diese berühmte – auf fast 1180 Metern gelegene – Barockstadt im Bundesstaat Minas Gerais trägt nicht ohne Grund den Namen „Schwarzes Gold“: Hier wurde im 18. Jahrhundert mit einer dunklen Eisenschicht umgebenes Gold entdeckt, was einen riesigen Boom auslöste. Über 100 Jahre förderte man das kostbare Edelmetall in großem Stil – insgesamt mehr als 1200 Tonnen. Auch heute noch gibt es in dem Gebiet drei Goldminen; als weitere Einnahmequellen kommen Waschgold und Diamanten aus den Bergen von Minas Gerais hinzu.
Stadt des brasilianischen Barocks
Kein Wunder also, dass man sich in Ouro Preto und anderen Orten der Umgebung teure Villen und Barockkirchen leisten konnte. Berühmtester Bauherr und Sohn der Stadt war Aleijadinho (portugiesisch für „Krüppelchen“), der eigentlich Antônio Francisco Lisboa hieß und von 1738 bis 1814 lebte. Obwohl er stark verkrüppelte Hände hatte, widmete er sein ganzes Leben der Bildhauerei. Er schuf Skulpturen und Reliefs im Stil des brasilianischen Barock, was ihm hohe Anerkennung in ganz Brasilien einbrachte.
Kopfsteingepflasterte Straßen, gut erhaltene Kolonialhäuser und schöne Kirchen prägen das Gesicht Ouro Pretos. Zu den faszinierendsten Barockkirchen gehört „Nossa Senhora do Rosário dos Pretos“, die von afrikanischen Sklaven errichtet wurde. Durch ihre außergewöhnliche Innenarchitektur – eine Komposition aus Putten und Drachen – besticht die zehneckige Kirche „Nossa Senhora do Pilar“. Alleiniges Werk Aleijadinhos ist die Kirche „Igreja São Francisco de Assis“. Und wer mehr über den Künstler erfahren will, sollte das ihm gewidmete Museum neben der Kirche „Matriz de Nossa Senhora da Conceição de Antônio Dias“ besuchen.
Dass in Ouro Preto so viele Kulturschätze erhalten geblieben sind, ist der Regierung von 1933 zu verdanken: In jenem Jahr erklärte sie den gesamten Ort zum Nationaldenkmal. Außerdem steht die 65 000-Einwohner zählende Kleinstadt seit 1980 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.
Olinda – die schöne Schwester von Recife
Olinda (portugiesisch für: „Oh, wie schön“) im Nordosten Brasiliens gehört zu den ältesten Städten des Landes. Dieses Schmuckstück barocker Architektur steht seit 1982 auf der Liste des Weltkulturerbes. Wunderschöne Kolonialbauten, Barockkirchen, üppige Gärten und kleine Kapellen bestimmen das Bild der 1535 von den Portugiesen gegründeten Stadt.
Im Gegensatz zur großen Schwester Recife, die gleich nebenan liegt, ist Olinda der Inbegriff eines malerischen Künstlerortes. Nachdem Mitte des 17. Jahrhunderts holländische Besatzer die Stadt stark zerstört hatten und vertrieben worden waren, entstand Olinda in seiner heutigen Form. 1837 musste „die Schöne“ den Rang der Hauptstadt von Pernambuco an Recife abtreten, weil letztere u.a. einen besseren Zugang zum Meer hatte.
Kulturelles Zentrum mit vielen Sehenswürdigkeiten
Nichtsdestotrotz ist Olinda eines der kulturellen Zentren Brasiliens. Auch außerhalb der Landesgrenzen hat z.B. der farbenfrohe Straßenkarneval Berühmtheit erlangt: Eine Woche lang wird gefeiert, gesungen und getanzt; die ganze Altstadt verwandelt sich in eine riesige Bühne.
Eine der Hauptsehenswürdigkeiten Olindas ist das „Convento de São Francisco“, Brasiliens ältestes Franziskanerkonvent aus dem Jahr 1585. Es wurde beim Einmarsch der Holländer aufgegeben und im 18. Jahrhundert wieder aufgebaut. Besonders schön: die mit portugiesischen Fliesen verzierten Kreuzgangwände sowie die Barockmöbel der Sakristei aus dunklem Jacaranda-Holz. Die älteste Kirche im Nordosten Brasiliens, die „Igreja da Sé“, stammt aus dem Jahr 1535. Nach mehreren Renovierungen wurde sie Mitte der 1980er- Jahre wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt.
Einen speziellen Platz hat sich das „Museu de Arte Contemporâneo“ (Museum für zeitgenössische Kunst) für seine Exponate und wechselnden Ausstellungen ausgesucht: Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert diente früher als Gefängnis. In der Nähe befand sich im 17. Jahrhundert auch der Sklavenmarkt „Mercado da Ribeira“. Heute kann man dort Kunsthandwerk kaufen und sich die Auftritte von Folkloregruppen anschauen.