Ankommen in Marokko – stellt man sich einfach vor, ist aber nicht so. Nach meinem Flug mit der königlich marokkanischen Fluggesellschaft, die es schon seit 60 Jahren gibt (mein Flugzeug stammt vermutlich auch aus der Zeit), bin ich nach Mitternacht auf dem Flughafen Marrakesch gelandet.
Spätestens beim Anblick der Menschenmassen, die in Richtung Passkontrolle strömen, bin ich wieder hellwach. Aber einfach in die drei Kilometer lange Schlange einreihen, darf ich mich auch nicht: Der nette Beamte am Einlass zur Schlange zeigt auf eine Menschentraube hinter mir, die eifrig mit Formulareausfüllen beschäftigt ist. Naja, hätte man auch schon im Flugzeug erledigen können. Aber so einfach soll es der Tourist nun auch wieder nicht haben!
Zehn Minuten später (einen Kuli habe ich natürlich auch nicht griffbereit) darf ich mich in die Schlange einreihen, die inzwischen zu einem unübersichtlichen Haufen mutiert ist. Es geht nur mühsam vorwärts und als ich über eine Stunde später dran bin, muss ich zu allen möglichen Reisedetails Rede und Antwort stehen. Gegen 2 Uhr nachts (oder ist es schon 3 Uhr?) komme ich dann endlich in meinem netten Riad mitten in der Medina von Marrakesch an.
Wer hat an der Uhr gedreht?
Wegen der Uhrzeit wundere ich mich mehrere Tage, was los ist, weil jeder eine andere hatte. Nachdem ich mich anfangs noch uhrzeitmäßig angepasst habe, verliere ich doch irgendwann die Lust, ständig meine Uhr vor- und zurückzustellen. Im Urlaub ist eine Stunde hin oder her doch eh egal! Ein Einheimischer erklärt mir dann, als ich eine Stunde zu spät zum Treffen komme, warum das mit der marokkanischen Zeit so konfus ist: Letzten Freitag hatte sich Marokko überraschend dazu entschlossen, nicht wieder auf Winterzeit umzustellen, sondern bei der Sommerzeit zu bleiben. Muss aber bei der Mehrheit der Bevölkerung nicht angekommen sein … In unserem Riad weiß jedenfalls keiner Bescheid. Und am Flughafen ist deswegen offensichtlich die Hölle los …
Meine Zeit in Marrakesch genieße ich – soweit das bei dem Dauerregen und Touristenandrang geht. Unser Riad liegt in einer ruhigen Gasse, durch die kaum noch ein Koffer durchpasst. Wir haben eine Superaussicht über die Dächer der Medina bis hin zu den schneebedeckten Bergen des Atlas-Gebirges. Zwischen den Wolkenbrüchen bin ich ständig in den Souks unterwegs (eigentlich ist Marrakesch ein einziger riesiger Souk), sehe den Gerbern bei der Arbeit, schaue bei Teppichhändlern rein, probiere Kaftane an und lasse mir fast noch eine Wohnungstür andrehen. Die engen Gassen sind zwar hoffnungslos überfüllt mit Touristen, Einheimischen, Mopedfahrern und Eselskarren. Aber die Verkäufer halten sich weitestgehend zurück und bedrängen die Passanten nicht. Und wenn das ganze Getümmel dann doch zu viel wird, kann man vor den Toren der Medina in die schönen Gärten und Parks flüchten.
Die Krönung meines Touristendaseins in Marrakesch ist dann die Bauchtanzshow, die ich ja unbedngt sehen wollte. Die Truppe besteht aus zwei halbnackten Marokkanerinnen, die ständig Opfer aus dem Publikum auf die Tanzfläche holen und sie dort ohne Erbarmen herumschlenkern. Ich habe das große „Glück“, unter den Auserwählten zu sein. Irgendwann hab ich dann ein goldenes Tablett mit Kerzen auf dem Kopf. Gott sei Dank, kennt mich da fast keiner … Also, mein Bedarf an Bauchtanzshows in Marokko ist erst einmal gedeckt!